Geschrieben von naruse am 25.12.2020
Übersetzt von Marvin Gülker
Wir freuen uns, die Veröffentlichung von Ruby 3.0.0 bekannt geben zu können. Seit 2015 haben wir an Ruby 3 gearbeitet, dessen Ziele sich so beschreiben lassen: Performanz, Nebenläufigkeit und Typisierung. Mit besonderem Blick auf die Performanz hatte Matz angekündigt: „Ruby 3 wird 3-mal so schnell sein wie Ruby 2“, ein Satz, der auch bekannt ist als Ruby 3x3.
Im Optcarrot-Benchmark, der die Performanz eines einzelnen
Threads anhand der Emulation eines NES-Spiels misst, erreichte Ruby 3
die dreifache Performanz von Ruby 2.0!
Ruby 3.0.0 erreicht diese Ziele durch die folgenden Maßnahmen:
- Performanz
- MJIT
- Nebenläufigkeit
- Ractor
- Fiber Scheduler
- Typisierung (statische Analyse)
- RBS
- TypeProf
Zusätzlich zu den genannten Performanzverbesserungen führt Ruby 3.0 eine Reihe neuer Features ein, die nachfolgend beschrieben werden.
Performanz
Als ich erstmals „Ruby 3x3“ in der Keynote einer Konferenz erwähnte, sagten viele, auch Mitglieder des Konferenzteams, „Matz ist ein Aufschneider“. Tatsächlich fühlte ich mich so. Aber wir taten es. Ich bin gerührt zu sehen, dass es dem Core-Team gelungen ist, Ruby 3.0 drei mal so schnell zu machen wie Ruby 2.0 (zumindest in manchen Benchmarks). — Matz
MJIT
Der MJIT hat viele Verbesserungen gesehen. Siehe die NEWS für Details.
Mit Ruby 3.0 ist es Aufgabe des JIT, in bestimmten, abgrenzbaren Umgebungen wie in Spielen (Optcarrot), KI (Rubykon) oder sonstigen Anwendungen, die den Großteil ihrer Zeit mit dem oft wiederholten Aufruf einiger weniger Methoden verbringen, Performanzverbesserungen herbeizuführen.
Obwohl Ruby 3.0 die Größe des ge-JIT-eten Codes signifikant reduziert hat ist der JIT immer noch nicht geeignet, komplexe Umgebungen wie Rails zu optimieren, die sehr viel Zeit in vielen verschiedenen Methoden verbringen und die daher unter Nichttreffern im vom JIT verwendeten i-Cache leiden. Freuen Sie sich auf Ruby 3.1 für weitere Verbesserungen in dieser Hinsicht.
Nebenläufigkeit / Parallelismus
Wir leben in der Zeit von Mehrkernsystemen. Nebenläufigkeit ist sehr wichtig. Mit Ractor, zusammen mit asynchronen Fibers, wird Ruby eine wirklich nebenläufige Sprache. — Matz
Ractor (experimentell)
Ractor ist eine dem Aktorenmodell ähnliche Abstraktion für Nebenläufigkeit, um die parallele Ausführung von Code bei gleichzeitiger Beachtung von Thread-Sicherheit zu ermöglichen.
Sie können mehrere Ractors anlegen und sie parallel ausführen. Ractor ermöglicht es, thread-sichere parallele Programme zu schreiben, weil sich Ractors normale Objekte nicht teilen können. Die Kommunikation zwischen Ractors wird stattdessen über Nachrichten abgewickelt.
Um das Teilen von Objekten zu begrenzen, führt Ractor einige Beschränkungen für Rubys Syntax ein (die allerdings nicht greifen, wenn nicht mehrere Ractors verwendet werden).
Die Spezifikation und Implementation sind noch nicht abgeschlossen und
können sich in Zukunft noch ändern, weshalb dieses Feature als
experimentell markiert ist und bei Erstellung eines Ractors mit
Ractor.new
eine entsprechende Warnung über „experimentelle Features“
ausgegeben wird.
Das nachfolgende kleine Programm misst die Ausführungszeit der bekannten Tak-Funktion für Benchmarks (Tak (Funktion) - Wikipedia), indem sie 4-mal sequentiell oder 4-mal parallel mit Ractors ausgeführt wird.
def tarai(x, y, z) =
x <= y ? y : tarai(tarai(x-1, y, z),
tarai(y-1, z, x),
tarai(z-1, x, y))
require 'benchmark'
Benchmark.bm do |x|
# sequential version
x.report('seq'){ 4.times{ tarai(14, 7, 0) } }
# parallel version
x.report('par'){
4.times.map do
Ractor.new { tarai(14, 7, 0) }
end.each(&:take)
}
end
Benchmark result:
user system total real
seq 64.560736 0.001101 64.561837 ( 64.562194)
par 66.422010 0.015999 66.438009 ( 16.685797)
Dieses Ergebnis wurde gemessen auf Ubuntu 20.04, Intel(R) Core(TM) i7-6700 (4 Kerne, 8 Hardware-Threads). Es zeigt, dass die parallele Version 3,87-mal so schnell ist wie die sequentielle Version.
Siehe doc/ractor.md für weitere Details.
Fiber Scheduler
Zur Unterbrechung blockender Operationen wird Fiber#scheduler
eingeführt. Das ermöglicht leichtgewichtige Nebenläufigkeit ohne
Änderungen bestehenden Codes. Schauen Sie sich für einen Überblick
über die Funktionsweise „Warte nicht auf mich: Skalierbare
Nebenläufigkeit für Ruby 3“ an.
Momentan unterstützte Klassen/Methoden:
Mutex#lock
,Mutex#unlock
,Mutex#sleep
ConditionVariable#wait
Queue#pop
,SizedQueue#push
Thread#join
Kernel#sleep
Process.wait
IO#wait
,IO#read
,IO#write
und verwandte Methoden (z. B.#wait_readable
,#gets
,#puts
usw.).IO#select
wird nicht unterstützt.
Das folgende Beispielprogramm führt mehrere HTTP-Anfragen nebenläufig aus:
require 'async'
require 'net/http'
require 'uri'
Async do
["ruby", "rails", "async"].each do |topic|
Async do
Net::HTTP.get(URI "https://www.google.com/search?q=#{topic}")
end
end
end
Es nutzt async, das den Event-Loop bereitstellt. Dieser
Event-Loop benutzt die Hooks von Fiber#scheduler
, um Net::HTTP
nicht-blockierend auszuführen. Andere Gems können diese Schnittstelle
benutzen, um nicht-blockierende Ausführung für Ruby anzubieten und
diese Gems können sogar mit anderen Implementierungen von Ruby (z. B.
JRuby, TruffleRuby) interoperabel sein, da diese in der Lage sein
sollten, dieselben nicht-blockierenden Hooks zu unterstützen.
Statische Analyse
Die 2010er Jahre waren eine Zeit statisch typisierter Programmiersprachen. Ruby verfolgt eine Zukunft mit statischer Typenüberprüfung, aber ohne Typendeklarationen, und zwar durch abstrakte Interpretation. RBS und TypeProf sind der erste Schritt in diese Zukunft. Weitere werden folgen. — Matz
RBS
RBS ist eine Sprache zur Beschreibung der Typen von Ruby-Programmen.
Typprüfungsprogramme wie TypeProf und andere Werkzeuge mit RBS-Unterstützung werden mithilfe von RBS-Definitionen viel besser in der Lage sein, Ruby-Programme zu verstehen.
Mit RBS ist es nun möglich, die Definitionen von Klassen und Modulen zu beschreiben: Methoden der Klasse, Instanzvariablen und ihre Typen, Vererbungs- und Mix-In-Beziehungen.
RBS soll übliche Ruby-Idiome unterstützen und erlauben, komplexe Typen wie Union Types, überladene Methoden und Generics zu schreiben. RBS unterstützt mithilfe von Schnittstellen-Typen (Interface Types) auch Duck Typing.
Ruby 3.0 enthält das Gem rbs
, das das Parsing und die Verarbeitung
von in RBS geschriebenen Typendefinitionen ermöglicht.
Nachfolgend ein kleines Beispiel von RBS mit Klassen-, Modul- und Konstantendefinitionen.
module ChatApp
VERSION: String
class Channel
attr_reader name: String
attr_reader messages: Array[Message]
attr_reader users: Array[User | Bot] # `|` bedeutet Union Types, `User` or `Bot`.
def initialize: (String) -> void
def post: (String, from: User | Bot) -> Message # Methodenüberladung wird unterstützt.
| (File, from: User | Bot) -> Message
end
end
Siehe die README des rbs-Gems für mehr Details.
TypeProf
TypeProf ist ein Typanalysewerkzeug, das mit Ruby ausgeliefert wird.
Momentan fungiert TypeProf als eine Art automatisierte Typerkennung.
Es liest einfachen (nicht typenannotierten) Ruby-Code, analysiert, welche Methoden darin definiert werden und wie sie genutzt werden, und generiert den Prototyp einer Typensignatur im RBS-Format.
Nachfolgend eine einfache Demonstration von TypeProf.
Beispielhafte Eingabe:
# test.rb
class User
def initialize(name:, age:)
@name, @age = name, age
end
attr_reader :name, :age
end
User.new(name: "John", age: 20)
Beispielhafte Ausgabe:
$ typeprof test.rb
# Classes
class User
attr_reader name : String
attr_reader age : Integer
def initialize : (name: String, age: Integer) -> [String, Integer]
end
Sie können TypeProf ausführen, indem Sie die Eingabe in der Datei „test.rb“ speichern und das Kommando „typeprof test.rb“ ausführen.
Sie können TypeProf online ausprobieren. (Dies führt TypeProf serverseitig aus, daher bitten wir um Entschuldigung, falls es ausfällt).
Siehe die TypeProf-Dokumentation und die Demos für Details.
TypeProf ist experimentell und noch nicht recht fertig; es wird nur eine Untermenge der Programmiersprache Ruby unterstützt und die Erkennung von Typfehlern ist noch beschränkt. Es wird aber umfassend weiterentwickelt, um die Sprachabdeckung, die Analyseperformanz und die Benutzbarkeit zu verbessern. Jegliche Rückmeldungen sind sehr willkommen.
Sonstige erwähnenswerte neue Features
-
Einzeiliges Pattern Matching (Musterabgleich) wurde neu gestaltet (experimentell).
-
=>
wurde hinzugefügt. Es funktioniert wie eine rechtsseitige Zuweisung.0 => a p a #=> 0 {b: 0, c: 1} => {b:} p b #=> 0
-
in
wurde geändert, sodass estrue
oderfalse
zurückgibt.# version 3.0 0 in 1 #=> false # version 2.7 0 in 1 #=> raise NoMatchingPatternError
-
-
Find-Idiom wird eingeführt. (experimentell)
case ["a", 1, "b", "c", 2, "d", "e", "f", 3] in [*pre, String => x, String => y, *post] p pre #=> ["a", 1] p x #=> "b" p y #=> "c" p post #=> [2, "d", "e", "f", 3] end
-
End-lose Methodendefinition wird eingeführt.
def square(x) = x * x
-
Hash#except
ist jetzt eingebaut.h = { a: 1, b: 2, c: 3 } p h.except(:a) #=> {:b=>2, :c=>3}
-
Memory View wird als experimentelles Feature eingeführt.
- Dabei handelt es sich um eine neue C-API, die den Austausch roher Speicherabschnitte, wie ein numerisches Array oder Bitmap-Bilder, zwischen Erweiterungsbibliotheken (C extensions) ermöglichen soll. Die Erweiterungsbibliotheken können auch die Metadaten des betroffenen Speicherabschnitts wie etwa Schnitt, Elementformat usw. teilen. Mit dieser Art von Metadaten können Erweiterungsbibliotheken sogar mehrdimensionale Arrays ordnungsgemäß teilen. Dieses Feature orientiert sich an Pythons Buffer Protocol.
Performanzverbesserungen
- Das Einfügen langer Code-Abschnitte in IRB ist 53-mal schneller als es mit Ruby 2.7.0 der Fall war. Beispielsweise reduziert sich die Zeit um diesen Beispiel-Code einzufügen von 11,7 auf 0,22 Sekunden.
-
Zu IRB wurde das Kommando
measure
hinzugefügt. Dieses erlaubt es, die Zeit einfacher Ausführungen zu messen.irb(main):001:0> 3 => 3 irb(main):002:0> measure TIME is added. => nil irb(main):003:0> 3 processing time: 0.000058s => 3 irb(main):004:0> measure :off => nil irb(main):005:0> 3 => 3
Sonstige erwähnenswerte Änderungen seit 2.7
- Schlüsselwortargumente werden von anderen Argumenten abgetrennt.
- Grundsätzlich wird Code, der unter Ruby 2.7 eine Warnung erzeugte, nicht mehr funktionieren. Siehe dieses Dokument für weitere Details.
-
Übrigens unterstützt Argumentweiterleitung jetzt auch vorangehende Argumente.
def method_missing(meth, ...) send(:"do_#{ meth }", ...) end
- Musterabgleiche (
case
/in
) sind nicht länger experimentell.- Siehe die Pattern-Matching-Dokumentation für weitere Informationen.
- Die Besonderheiten von
$SAFE
wurden vollständig entfernt. Es handelt sich nun um eine normale globale Variable. - In Ruby 2.5 war die Reihenfolge der Backtraces umgekehrt worden. Diese Änderung ist rückgängig gemacht worden, d. h. die Fehlermeldung und die Nummer der Zeile, in der der Fehler auftrat, werden zuerst und die Aufrufer danach ausgegeben.
- Einige Standardbibliotheken wurden aktualisiert.
- RubyGems 3.2.3
- Bundler 2.2.3
- IRB 1.3.0
- Reline 0.2.0
- Psych 3.3.0
- JSON 2.5.1
- BigDecimal 3.0.0
- CSV 3.1.9
- Date 3.1.0
- Digest 3.0.0
- Fiddle 1.0.6
- StringIO 3.0.0
- StringScanner 3.0.0
- etc.
- Die folgenden Bibliotheken werden nicht länger mitgeliefert.
Installieren Sie die entsprechenden Gems, um diese Features zu
nutzen.
- sdbm
- webrick
- net-telnet
- xmlrpc
- Die folgenden Standardgems sind jetzt mitgelieferte Gems.
- rexml
- rss
- Die folgenden zur stdlib gehörenden Dateien sind nun Standardgems
und werden auf rubygems.org veröffentlicht:
- English
- abbrev
- base64
- drb
- debug
- erb
- find
- net-ftp
- net-http
- net-imap
- net-protocol
- open-uri
- optparse
- pp
- prettyprint
- resolv-replace
- resolv
- rinda
- set
- securerandom
- shellwords
- tempfile
- tmpdir
- time
- tsort
- un
- weakref
- digest
- io-nonblock
- io-wait
- nkf
- pathname
- syslog
- win32ole
Siehe die NEWS oder die Commit-Logs für weitere Informationen.
Mit diesen Änderungen wurden 4028 Dateien geändert, 200058 Einfügungen(+), 154063 Löschungen(-) seit Ruby 2.7.0!
Ruby 3.0 ist ein Meilenstein. Die Sprache entwickelt sich weiter und bewahrt doch die Kompatibilität. Aber es ist nicht vorbei. Ruby wird weiter fortschreiten und wird noch besser werden. Behalten Sie uns im Auge! — Matz
Frohe Weihnachten, schöne Ferien, und viel Spaß bei der Programmierung mit Ruby 3.0!
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Was ist Ruby
Ruby wurde zunächst 1993 von Matz (Yukihiro Matsumoto) entwickelt und ist heute quelloffene Software. Es läuft auf mehreren Plattformen und wird weltweit genutzt, insbesondere für die Webentwicklung.